Nikolaus und seine Vorgängerinnen
Jede*r kennt den Nikolaus. Er trägt die Mitra, die Bischofsmütze, den Stab sowie den roten Mantel und bringt den Kindern die Geschenke. Begleitet wird er von einer finsteren Gestalt, dem Knecht Ruprecht.
Die meisten Kinder wissen um die Geschichte, wie er im fernen Myra in Kleinasien Bischof wurde und drei armen Jungfrauen Geld für die Aussteuer stiftete, damit sie heiraten konnten.
Soweit das Bekannte. Und wie immer, sind diese Bräuche sehr vielschichtig. So war es zum Beispiel ursprünglich auch im Christentum so, dass eigentlich nur der Nikolaus die Geschenke brachte. Das Christkind ist eine Erfindung Martin Luthers, dem die Heiligenverehrung rund um den Nikolaus suspekt war.
Doch, was war vorher? Woher kannte Luther den Brauch? Was verbirgt sich dahinter?
Im Alpenraum gibt es bis heute Bräuche, die sehr archaisch anmuten, vielleicht können sie uns einen Hinweis geben?
So gibt es zum Beispiel in der Schweiz das so genannte Klausjagen, das am 5.12. stattfindet. Das Klausjagen ist ein großer Umzug, der von den Iffele angeführt wird, riesigen Laternen, die mit Kerzen erleuchtet werden.
Danach folgen der heiligen Nikolaus und seine Schmutzli, ganz in Schwarz gekleidete Figuren, die dunkel geschminkt sind, die Blechbläser und die Trychler, die mit großen Kuhglocken Lärm erzeugen. Zum Startpunkt des Umzugs gehen in ganz Küssnacht die Lichter aus.
Die Küssnachter Klausjagen Gesellschaft vermutet, dass die Ursprünge dieses Umzugs heidnisch sind und es ursprünglich um den Kampf zwischen dem Licht und der Dunkelheit ging. Demnach symbolisieren die Schmutzli Dämonen, die das Licht - in Form der Iffele - bedrohten.
Wer aber stand ursprünglich im Zentrum, wenn es sich um einen heidnischen Umzug handelt? Nikolaus kann es nicht gewesen sein, er ist eindeutig ein christlicher Import. Er lebte in Myra in der Nähe des heutigen Antalya und starb vermutlich 343 oder 350 n.Chr. Seine Verehrung reicht zwar bis ins 6. Jahrhundert zurück, doch das betrifft nur den Mittelmeerraum, in Mitteleuropa dürfte er erst im Frühen Mittelalter bekannt geworden sein, als große Teile Deutschlands christianisiert waren.
Ursula Seghezzi vertritt in ihrem Buch „Macht Geschichte Sinn“ die These, dass es sich ursprünglich um die Göttin Diana, bzw. die alte Göttin Percht gehandelt habe und sie findet dafür spannende Hinweise: Die Fresken einer Kappelle in Südtirol erzählen die Geschichte, wie Nikolaus den bösen Geist Dianas vertrieben hat.
Und wie der Nikolaus beschenkt Diana/ Percht die Menschen mit ihren Gaben und zieht mit einem Begleiter umher, der auch noch heute ihren Namen trägt: Knecht Ruprecht.
Eine Interpretation der Percht. Foto: Franzi Schädel
Natürlich können wir heute nicht nachweisen, dass es tatsächlich so gewesen ist, alles, was wir haben, sind Hinweise und Vermutungen. Und doch finde ich es immer wieder spannend, darüber nachzudenken, wie vielschichtig unsere Bräuche sind und was sie uns alles über unsere Geschichte erzählen können.
Welche Bräuche gibt es bei dir in der Region zum Nikolaustag?
Herzlich,
Kathrin
Quellen:
Ursula Seghezzi, Macht Geschichte Sinn. Was uns mitteleuropäische Mythen, Sagen und Bräuche über unsere Zukunft erzählen. Vaduz 2020.
Valentin Kirschgruber, Von Sonnenwend bis Raunacht. Feste, Bräuche und Rituale im Kreislauf des Jahres. München 2015.
Bilder: Klausjagen: Von Matthias Zepper - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29611065

