Im Land der Kelten
In den letzten Tagen war ich in der Welt der Kelten im Südwesten Deutschlands unterwegs. Dabei ging es darum, wer herrschte, wieviel Energie die Kelten verbrauchten und wo sie ihre Rituale feierten.
Meine erste Station war die Heuneburg. Die Heuneburg liegt auf einem künstlichen Plateau über der Donau. Hier stand im 7. Jahrhundert eine fruehkeltische Stadt, die durch eine im Norden einzigartige Lehmziegelmauer befestigt wurde.
Der griechische Geschichtsschreiber Herodot kannte diese Stadt vermutlich unter dem Namen Pyrene. Hier lebten circa 4.000 Menschen, es war vermutlich die größte Stadt nördlich der Alpen. Sie lag mitten in einem Verkehrsknotenpunkt, hier kreuzten sich die Donau mit den Handelswegen über die Alpen.
In der Heuneburg standen die Häuser dicht gedrängt, besonders auffällig sind die vielen Schmieden.
In diesen Schmieden wurde Eisenerz in einem Rennofen auf bis zu 1000 Graf erhitzt, damit die unbrauchbaren Teile schmolzen und das Eisen zurück blieb. Für diese extrem hohen Temperaturen brauchte es enorme Mengen an Holzkohle. Darum war der Holzverbrauch der Kelten recht hoch, man geht davon aus, dass die Umgebung der Stadt bereits ziemlich waldlos war.
Die Menschen auf der Heuneburg waren begabte Metallhandwerker, das erzählen uns waren die Grabbeigaben, der um die Heuneburg verstreut liegenden Gräber. Hier wurde u.a. die so genannte Fürstin von Bettelbuehl ausgegraben, deren Grab außerordentlich reich ausgestattet war. Die Ausgrabung war auch deswegen besonders spektakulär, weil die Grabkammer in einem Block geborgen wurde. Die Auswertung der Ausgrabung dauert momentan noch an.
Ob sie über die Heuneburg herrschte? Diese Frage ist weiterhin offen, allerdings ist ihr Grab, wie wohl sehr prachtvoll jedoch nicht zu vergleichen mit der Ausstattung des Grabes des Fuersten von Hochdorf.
In Sichtweite der Heuneburg liegt die so genannte „Alte Burg“. Im Gegendatz zur Heuneburg ist hier das Gelände weitgehend sich selbst überlassen und nicht wieder rekonstruiert worden. Dabei handelt es sich hier um eine extrem spannende Anlage ebenfalls aus der fruehkeltischen Zeit: einen riesiger Ritualplatz.
Hier wurden vermutlich große Rituale und Feiern abgehalten. Dabei hat man auch Menschen geopfert, in einem Felsschacht wurden Skelette gefunden, die eindeutige Spuren aufwiesen.
Wie die Heuneburg war auch dieses Plateau von Menschenhand geschaffen. Es wurde von einer massiven Mauer begrenzt, der Zugang erfolgte nur über ein Tor.
Heute ist diese Mauer an einer Stelle rekonstruiert worden. Die Steine, die hier überall reichlich zutage traten, wurden in der Vergangenheit für einen St Hubertus Bildstock verwendet.
Ebenfalls von der Heuneburg aus sichtbar ist der Bussen, auch als heiliger Berg Oberschwabens bekannt. Hier der Blick von der Heuneburg.
Auf dem Bussen steht bereits seit 805 eine christliche Kapelle, auch hier geht man von einem vorhergehenden heidnischen Kultstätte aus, davon gibt es jedoch nur spärliche Überreste.
Vom Bussen führte mich mein Weg zu einem weiteren besonderen Ort in der Landschaft. Dieser liegt nicht mehr im unmittelbaren Umfeld der Heuneburg, doch ich vermute, dass auch Menschen aus dem Umfeld der Heuneburg ihn aufgesucht haben. Es handelt sich nämlich um ein bemerkenswertes Landschaftsmonument.
Die Rede ist vom so genannten Heidentor. Es ist ein großer natürlich entstandener Torbogen aus Kalkstein, der an einer Anhöhe im Wald auf der schwäbischen Alb steht. Das Heidentor wurde nachweislich von den Kelten genutzt, ist vermutlich jedoch schon länger eine Kultstätte. Gefunden hat man dort sehr viele Opfergaben. Diese stammen ausschließlich von Frauengewaendern, die hier im Ganzen geopfert wurden. Archäolog*innen vermuten, dass es hier um weibliche Themen wie Fruchtbarkeit und Geburt ging. Anhand der Machart der Fibeln kann man erkennen, dass Frauen von weither hierher kamen, um ihr Opfer zu bringen.
Von all den Orten hat mich das Heidentor am meisten beeindruckt und inspiriert. Es ist so ein friedvoller Ort, weit weg von dem geschäftigen Treiben der Stadt mit ihren brennenden Öfen und ganz anders als die alte Burg, die mit ihren künstlich geschaffenen Areal voller Mauern und Opfern einen unheimlichen Eindruck bei mir hinterlassen hat.
Hier am Heidentor habe ich mich verbunden gefühlt, habe sehr lange in einer kleinen Höhle gesessen und war einfach da an diesem Ort, wo Frauen um Fruchtbarkeit und eine sanfte Geburt gebetet haben.
Wie sie ihn nannten und welche Goettin sie hier um Beistand baten, ist unbekannt - doch darum geht es hier nicht. Denn die Aura des Ortes strahlt über alle Zeiten bis in unsere hinein.
Gerne noch wäre ich sehr viel länger geblieben und werde wieder kommen - so viel steht fest.
Quelle: Dirk Krausse, Inga Kretschmer, Leif Hansen, Manuel Fernández-Götz, Die Heuneburg - keltischer Fürstensitz an der oberen Donau. Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden Württemberg, Band 28.